Es fing alles so schön an: Auf der Suche nach einer neuen Bleibe im Passivhaus-Standard stießen wir auf die ersten Anzeichen eines Projektes in Bockenheim. Da das Passivhaus für uns damals noch etwas aufregend Neues war, wollten wir gern den Prozess des Baus möglichst hautnah mitverfolgen. Anfänglich schien das kein Problem zu sein, also beauftragten wir eine uns bekannte Architektin mit einer Baufortschrittskontrolle.
Dann allerdings bekamen wir zu spüren, was Transparenz für die ABG bedeutet: Leider sei eine Baufortschrittskontrolle während des Baus nicht möglich (warum eigentlich?). Am Ende konnte eine erste Besichtigung der Wohnung erst stattfinden, als der Trockenbau bereits abgeschlossen war. Da stand man dann und schaute staunend auf Rigipswände und fachsimpelte über die dahinter mutmaßlich verborgene Technik. Gleichzeitig bietet ein anderer Konzern der Stadt, die Mainova, eine baubegleitende Qualitätssicherung für Passivhäuser an - aber für Projekte der ABG ist das natürlich nicht nötig ... Ich glaube, für die Passivhäuser des städtischen Immobilienkonzern wäre diese Art der Qualitätssicherung wichtiger als für alle anderen.
Umso mehr war uns dann die Kontrolle des Baus anhand der Papierform wichtig. Für Passivhäuser wird eine Planung anhand des sogenannten Passivhaus-Projektierungspaketes (PHPP) durchgeführt. Aber nein: das könne man leider nicht aushändigen, wegen des darin enthaltenen intellektuellen Eigentums der ABG. Man könne allenfalls Einsicht nehmen - in etwa 30 Seiten Zahlenkolonnen, aber bitte nur in den Büros der ABG.
Erst nach etwa drei Jahren dann gab die ABG der dringenden Aufforderung der Eigentümer nach und stellte das PHPP komplett zur Verfügung. Eigentlich hätte dieses den Eigentümern schon vor dem Wohnungskauf vorliegen müssen, um einen Antrag auf ein zinsvergünstigten Kredit bei der KfW stellen zu können.
Sicher hat das Vertrauen auch nicht erhöht, daß die Passivhaus-Zertifikate des Sophienhofes erst am 01. Februar 2008 ausgestellt wurden, mehr als ein Jahr nach Übergabe der Wohnungen und auch das erst, als die Zertifikate von den Eigentümern angefordert wurden.
Aber warum dieser ganze Kontrollwahn? Schließlich versicherte die ABG ja, für die Umsetzung des Sophienhofes als Passivhaus als Bauträger gerade zu stehen, wie wir schon gelesen haben. Nun ja, da gibt es dieses schöne Sprichwort: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – das sich auch hier einmal mehr bewahrheitete.
Von der Überhitzung der Wohnungen im Dachgeschoss war schon die Rede. De facto mussten also einige Eigentümer einen Eigenanteil leisten, um an die Empfehlungen des PHPP für ihre Wohnungen heranzukommen.
Weiter geht es mit den Fenstern. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die verwendeten Fenster den hohen Anforderungen an Fenster im Passivhaus genügen. Sicher ist, daß die Herstellerfirma zur Zeit des Baus keine Passivhaus-zertifizierten Fenster mit Kunststoffrahmen hergestellt hat und der Wärmedurchlasskoeffizient (der sogenannte U-Wert) mit 0,88 über dem liegt, was für solche Fenster gefordert wird.
Schon am ersten Tag prangte das Hausnummernschild mit der Passivhauszertifizierung am Eingang des Sophienhofes – nur da war es mit Sicherheit noch kein Passivhaus – einer der Gründe: Die Lüftung verbrauchte etwa doppelt so viel Strom wie zulässig.
Nun darf es nicht überraschen, wenn bei einem ersten Projekt dieser Größenordnung anfänglich vielleicht einige Probleme auftauchen. Skandalös ist hingegen, wenn die Eigentümer bei jeder Kleinigkeit gezwungen sind, die Gründe in einem aufwändigen „Indizienprozess“ nachzuweisen, statt daß der Bauträger die Dinge pro-aktiv angeht.
Auch wenn der Stromverbrauch mittlerweile reduziert wurde: fraglich ist immer noch, ob der Energieverbrauch im Rahmen liegt. Und es gibt weitere Sorgen mit der Lüftung: Selbst im Sommer wird die kühle Frischluft in der Nacht durch die Lüftung erheblich aufgewärmt, obwohl ein sogenannter Bypass für ein kühles Sommerklima im Passivhaus sorgen sollte. Dabei heißt es auf den Seiten des Passivhaus Instituts:
"Praxiserfahrungen mit realisierten Passivhäusern zeigen klar, dass diese Häuser auch in Hitzeperioden ein gutes (kühles) Innenklima aufweisen. Allerdings ist dazu eine fachgerechte Planung unverzichtbar." (Das Passivhaus im Sommer von Dr. Wolfgang Feist)
Auch der Stromverbrauch der Aufzüge mit 440 Watt im Standby wurde schon durch die Passivhaus-Dienstleistung GmbH als unvertretbar hoch bemängelt (Den vollständigen Prüfbericht der Passivhaus Dienstleistung GmbH lesen Sie hier). 40 bis 100 Watt wurden schon damals als Stand der Technik angesehen. Meines Wissens gibt es hier bis heute keine Verbesserungen und es ist auch vollkommen unklar, an welcher Stelle diese Stromfresser kompensiert werden, so daß die Kriterien des PHPP insgesamt eingehalten werden. Wieder dürfen die Eigentümer die Maßnahmen selbst zahlen, um einen erträglichen Stromverbrauch der Aufzüge zu erreichen.
Das ist Passivhaus light à la ABG - ich glaube kaum, daß ein anderer Bauträger oder Architekt es wagen würde, mit solchen Defiziten eine Zertifizierung als Passivhaus zu beantragen oder sich gar als Vorreiter im Passivhaus-Bau darzustellen, was Herr Junker bei keiner Gelegenheit versäumt.
Herr Junker wird allerdings auch nicht müde, seinen sozialen Auftrag und die angebliche Pionierleistung seiner Firma bei der Barrierefreiheit zu vermarkten, mithilfe einer leider oft nur allzu willigen lokalen Presse.
Wie es mit der Barrierefreiheit des Sophienhofes bestellt ist, konnten wir schon lesen - einer ohnehin stark belasteten Personengruppe wird hier das Risiko einer Klageerhebung aufgebürdet, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Wer kann sich da des Eindrucks erwehren, daß dies mit dem Kalkül geschieht, daß hier hoffentlich die Hemmschwelle für eine rechtliche Auseinandersetzung zu hoch ist?
Ist das jetzt wirklich sozial?
Welche Verantwortung die ABG für die von ihr erstellten Bauten übernimmt, läßt sich unter anderem an der Bereitschaft zur Gewährleistung ablesen. Was ist von einer Firma zu halten, die Gewährleistung mit hanebüchenen Begründungen verweigert wie etwa: Für Holz, das vom Eigentümer mit Öl auf Lackbasis behandelt wurde, könne man keine Gewährleistung übernehmen.
Oder: die Feuchtigkeitsschäden, die sich durch ein ganzes Treppenhaus ziehen, seien auf drei dort stehende Bananenpflanzen zurückzuführen.
Das sind aber noch Lappalien im Vergleich zu gravierenden Bauschäden, die es auch schon gegeben hat, beispielsweise in Gebäuden der ABG an der Heerstrasse.
Wie sieht es da mit dem sozialen Auftrag aus?
Nun gibt es tatsächlich Leute, die sich gegen so etwas auch noch wehren - ständig nörgeln, immer wieder Emails und Briefe schreiben oder sich gar an die Öffentlichkeit wenden, wenn sonst gar nichts mehr hilft.
Diese ewigen Querulanten sollten sich auf eine Sonderbehandlung einrichten: Einstellen der Email-Kommunikation, Sabotage der Anträge auf Eigentümerversammlungen oder Meinungsfreiheit nur solange nicht die wirtschaftlichen Interessen der ABG beeinträchtigt werden - all das gehört zu den beliebten Daumenschrauben.
Ist auch das noch sozial?
Nun mal ehrlich: das alles ist keineswegs sozial - ich finde das sogar in höchstem Maße asozial. Hier offenbart sich die hässliche Fratze eines Quasimonopolisten, protegiert von den höchsten Ebenen der Stadt, etwa in Person der Oberbürgermeisterin Petra Roth, die ihren Job als Aufsichtsratvorsitzende der ABG sicher mit großem Eifer erfüllt.
"Zu besichtigen ist der moralische Verfall in einem Staatskonzern, einem ehemaligen Monopolisten, der bis zum heutigen Tag von der Regierung als Großaktionär kontrolliert wird."
Nein, auch wenn das fast passen würde, der vorstehende Satz ist nicht von mir sondern aus einem Artikel der FAZ vom 01. Juni 2008, in dem es um die Telekom ging ...
Was auch immer unsere Familie in Zukunft an Wohnraum kauft - und sei es auch nur eine Hundehütte: etwas von der ABG kommt für uns nicht mehr in Frage.